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07102 Hazard Situation List

Im Laufe einer Produktentwicklung kommt es bei der Bewertung von Risiken zu der Frage: Wer kann den Schaden bei Patienten, Anwendern und Dritten bewerten? Oftmals sind während der Entwicklung die Konstrukteure und Entwickler mit dieser Aufgabe konfrontiert. In den seltensten Fällen sind das auch die späteren Anwender. Im Idealfall werden deshalb externe Experten hinzugezogen, um die Ergebnisse der RM-Bewertungen bestätigen zu lassen. Dieses produktspezifische Wissen kann man produktübergreifend nutzen. Mithilfe einer Hazard Situation List (hsl) ist man in der Lage, schon im Vorfeld die Mitarbeiter von ähnlichen Projekten zu sensibilisieren. Die Nutzung dieses einmal zusammengetragenen Wissens schont Ressourcen und Zeit.
von:

1 Gesellschaftlich Akzeptabel

Patient tot – trotzdem akzeptabel?
Wie wir in anderen Artikeln dieses Werkes schon aufgezeigt bekommen haben, gibt es verschiedene Risikoarten, die ein Hersteller während der Entwicklung, Fertigung und Anwendung etc. von Medizinprodukten beherrschen muss. Fertigungsrisiken und Produktionsrisiken sind für den Hersteller greifbare Szenarien. Die Betrachtung der anwendungsorientierten Risiken, wie sie im MEDDEV 2.12-1 [1] an Beispielen beschrieben werden und die neue Medizinprodukte Anwendermelde- und Informationsverordnung (MPAIMV) [2], die die alte Sicherheitsplanverordnung für Medizinprodukte abgelöst hat, gefordert werden müssen vom Hersteller in Kooperation mit Anwendern ermittelt und den Behörden gemeldet werden. Bei der Bewertung des Schadensausmaßes und bei der Beurteilung der Auftretenswahrscheinlichkeiten gibt es in den Normen oder anderen Vorgabedokumenten dagegen keine klaren Regelungen. Der Hersteller kann quasi frei entscheiden, ob er einen Personenschaden als schwer oder leicht klassifiziert. Es gibt zwar eine allgemeine Vorgabe, die Schäden „gesellschaftlich akzeptabel” zu bewerten und die Auftretenswahrscheinlichkeiten wissenschaftlich zu begründen, was das aber im Einzelnen bedeutet oder wie das umzusetzen ist, liegt in der Verantwortung des Herstellers.
Als Beispiel kann man hier den Defibrillator nennen. Obwohl neun von zehn Personen bei seiner Anwendung sterben, ist dieser Umstand für Hersteller und auch für die Anwender ein akzeptables Risiko, da ohne ihn zehn von zehn sterben würden. Auch Länderübergreifend wird der Begriff „gesellschaftlich akzeptabel” unterschiedlich ausgelegt. Während zum Beispiel in Indien die Anwesenheit von (wilden) Tieren in den Krankenhausfluren zum Teil toleriert wird, gibt es in Europa strenge Hygienevorschriften, die dieses untersagen. Die Risikoakzeptanz ist sozusagen marktspezifisch.
Weichen früh stellen
Was also „gesellschaftlich Akzeptabel” ist, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Wichtig ist nur, dass diese Akzeptanzkriterien innerhalb der Firma so früh wie möglich festgelegt werden. Von diesen Kriterien hängen viele Entscheidungen innerhalb des Entwicklungsprozesses ab und diese Entscheidungen haben zum Teil immense Auswirkungen auf den gesamten Produktlebenszyklus.
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