11030 CE-Kennzeichnung in der Medizintechnik
Die CE-Kennzeichnung ist in der Medizintechnik weit mehr als nur eine regulatorische Pflicht. Sie ist ein zentrales Element zur Sicherstellung der Patientensicherheit, der Rechtskonformität und des Marktzugangs im Europäischen Wirtschaftsraum. Neben Herstellern sind auch Importeure und Händler dazu verpflichtet, die Einhaltung der Vorgaben sicherzustellen. Der Beitrag zeigt Ihnen praxisnah, welche Konsequenzen eine fehlende oder fehlerhafte CE-Kennzeichnung hat, welche Schritte auf dem Weg zur Konformität zu beachten sind und wie Unternehmen die komplexen Anforderungen der MDR und IVDR durch klare Verantwortlichkeiten, etwa in Form eines CE-Managers, effizient umsetzen können. von: |
Die CE-Kennzeichnung ist ein zentraler Bestandteil der regulatorischen Anforderungen im Bereich der Medizintechnik. Sie dient sowohl der rechtlichen Absicherung, der Patientensicherheit als auch der Marktakzeptanz (s. Abschn. 2).
Die Verantwortung für die CE-Kennzeichnung liegt zwar beim Hersteller, doch auch Importeure und Händler tragen als Teil der Lieferkette wichtige Sorgfaltspflichten (s. Abschn. 9).
Die Rolle des CE-Managers, der häufig auch die Funktion des RA-Managers hat, ist entscheidend für die operative Umsetzung und die Einhaltung der CE-, MDR sowie IVDR-Vorgaben (s. Abschn. 8).
Trotz der Komplexität ist der Weg zur CE-Kennzeichnung mit einem strukturierten Vorgehen gut zu bewältigen. Die zehn Schritte zur CE-Konformität bieten Ihnen eine praxisnahe Orientierung, von der Produktklassifizierung über die technische Dokumentation bis hin zur Marktüberwachung (s. Abschn. 6).
Der Blick in die Zukunft zeigt, Digitalisierung und KI wird den CE-Prozess nachhaltig verändern. Sie unterstützen Sie bei der Analyse regulatorischer Anforderungen, der Risikobewertung, der Dokumentation und der Überwachung von Gesetzesänderungen. Dennoch bleibt der Mensch für die rechtliche Verantwortung, die ethische Bewertung und die strategische Ausrichtung unverzichtbar (s. Abschn. 10).
Die CE-Kennzeichnung ist kein Hindernis, sondern ein strukturierter und bewältigbarer Prozess. Mit der richtigen Expertise, klaren Verantwortlichkeiten und intelligenten digitalen Werkzeugen lässt sich die Konformität effizient und sicher erreichen, zum Schutz der Patienten und zum Erfolg des Unternehmens.
1 Beispiel aus der Praxis
Schneidlaser
Im Rahmen der Entwicklung einer neuen Fertigungslinie hat sich ein Unternehmen dazu entschieden, eine eigene Lasermaschine zum Zuschneiden von Kathetern zu entwickeln. Die Ingenieure konzipierten ein innovatives System, mit dem sich dünnwandige Katheter präzise und in hoher Qualität zuschneiden lassen, ohne dass thermische Schäden, Gratbildung oder aufwendige Nachbearbeitung entstehen. Dank dieser Methode können Bediener nicht nur schneller und exakter arbeiten, sondern sind dabei auch keinen giftigen Dämpfen ausgesetzt. Zudem ist die Anlage 35 % kostengünstiger als vergleichbare Systeme auf dem Markt. Nach einem erfolgreichen Testlauf war die Stimmung im Team euphorisch. Die Kosteneinsparungen und die technische Überlegenheit wurden als großer Erfolg gefeiert (s. Abb. 1).
Abb. 1: Laser
Im Rahmen der Entwicklung einer neuen Fertigungslinie hat sich ein Unternehmen dazu entschieden, eine eigene Lasermaschine zum Zuschneiden von Kathetern zu entwickeln. Die Ingenieure konzipierten ein innovatives System, mit dem sich dünnwandige Katheter präzise und in hoher Qualität zuschneiden lassen, ohne dass thermische Schäden, Gratbildung oder aufwendige Nachbearbeitung entstehen. Dank dieser Methode können Bediener nicht nur schneller und exakter arbeiten, sondern sind dabei auch keinen giftigen Dämpfen ausgesetzt. Zudem ist die Anlage 35 % kostengünstiger als vergleichbare Systeme auf dem Markt. Nach einem erfolgreichen Testlauf war die Stimmung im Team euphorisch. Die Kosteneinsparungen und die technische Überlegenheit wurden als großer Erfolg gefeiert (s. Abb. 1).
Kurz vor der Inbetriebnahme stellte jedoch eine Mitarbeiterin aus der des Regulatory-Affairs Abteilung eine entscheidende Frage: „Erfüllt die Laseranlage alle gesetzlichen Vorschriften? Ich sehe keine CE-Kennzeichnung?”
Diese Nachfrage sorgte für Verunsicherung im Team. Der verantwortliche Projektleiter versuchte, die Frage zu umgehen: „Das klären wir später. Jetzt müssen wir erst einmal sicherstellen, dass die Maschine in der Produktion auf Dauer zuverlässig funktioniert!”
Die Mitarbeiterin erwiderte ruhig und bestimmt: „Ich verstehe, dass wir die Maschine schnell in Betrieb nehmen möchten. Ohne eine Konformitätsbewertung riskieren wir nicht nur die Sicherheit unseres Personals, sondern verstoßen auch gegen gesetzliche EU-Vorgaben. Wenn es zu einem Unfall kommt oder das Gerät fehlerhafte Katheter produziert, sind wir verantwortlich!”
Daraufhin meldete sich der Geschäftsführer zu Wort: „Sicherheit und Konformität stehen über allem. Es ist inakzeptabel, ein funktionierendes System einzusetzen, das gegen geltendes europäisches Recht verstößt. Ich ordne eine sofortige Prüfung der Konformitätsbewertung an. Bis alle Vorgaben erfüllt sind, bleibt die Anlage außer Betrieb. Diese Regelung gilt ab sofort für alle zukünftigen Projekte.”
Keine Kompromisse bei der Sicherheit!
Mit diesen Worten übernahm der Geschäftsführer die Verantwortung und setzte ein klares Zeichen, dass technologische Innovation niemals auf Kosten der Sicherheit und der Einhaltung geltenden Rechts erfolgen darf.
Mit diesen Worten übernahm der Geschäftsführer die Verantwortung und setzte ein klares Zeichen, dass technologische Innovation niemals auf Kosten der Sicherheit und der Einhaltung geltenden Rechts erfolgen darf.
2 Gefahren fehlender CE-Kennzeichnung
Nicht-konforme Medizinprodukte
Ein Verstoß gegen die Pflicht zur CE-Kennzeichnung hat für die Unternehmen und deren verantwortlichen Personen erhebliche Konsequenzen. Diese lassen sich in drei Hauptbereiche unterteilen:
Ein Verstoß gegen die Pflicht zur CE-Kennzeichnung hat für die Unternehmen und deren verantwortlichen Personen erhebliche Konsequenzen. Diese lassen sich in drei Hauptbereiche unterteilen:
(1) | juristisch, |
(2) | wirtschaftlich |
(3) | sicherheitsrelevant. |
2.1 Juristische Konsequenzen
Bei den juristischen Konsequenzen wird zwischen dem Unternehmen und den verantwortlichen Personen unterschieden.
2.1.1 Für das Unternehmen
• | Bußgelder und Sanktionen: Nationale Aufsichtsbehörden können Bußgelder verhängen. Das Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) sieht bei Verstößen gegen die CE-Kennzeichnungspflicht Geldstrafen von bis zu 100.000 € vor. Bei vorsätzlicher Inverkehrbringung nicht-konformer Produkte können die Strafen sogar noch höher ausfallen. |
• | Vertriebsverbot und Rückruf von Produkten: Um die Patientensicherheit zu gewährleisten, können die zuständigen Behörden wie z. B. die Aufsichtsbehörden der Bundesländer oder das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) den sofortigen Vertriebsstopp und die Rücknahme aller betroffenen Produkte vom Markt anordnen. Dies kann zu massiven finanziellen Verlusten und einem erheblichen Imageverlust führen. |
• | Betriebsstilllegung: In extremen Fällen, wenn die Behörden ein systematisches Versagen der Qualitätssicherung feststellen, kann der Betrieb teilweise oder sogar vollständig stillgelegt werden. |
2.1.2 Für die verantwortlichen Personen
Die Missachtung der CE-Kennzeichnungspflicht kann für Einzelpersonen schwerwiegende Konsequenzen haben. Gerichte können nicht nur hohe Geld- und Freiheitsstrafen, sondern auch Berufsverbote verhängen.
• | Leitende Verantwortung (Geschäftsführer und Vorstände): Als höchste Entscheidungsträger tragen sie die primäre Verantwortung für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Sie können persönlich haftbar gemacht werden, wenn sie ihre Aufsichts- und Kontrollpflichten vernachlässigen. Dies gilt auch, wenn sie Aufgaben delegiert haben. |
• | Projektleiter: Bei einem Zwischenfall mit Patientenschaden z. B. Verletzung oder Tod, drohen nicht nur hohe Schadensersatzforderungen, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen wie fahrlässige Körperverletzung oder Tötung. Projektleiter können persönlich zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie ihre Sorgfaltspflichten verletzt haben, z. B. bei der Konformitätsbewertung oder der Konstruktion des Produkts. |
• | Hersteller, Importeure oder Händler: Jede Person, die in unternehmerischer Funktion ein Medizinprodukt auf den Markt bringt, kann im Falle von Verstößen persönlich haftbar gemacht werden. |