02012 „Digitaler Zwilling” in der Medizintechnik
„Digitale Zwillinge” ermöglichen einen umfassenden Einblick in komplexe Entwicklungssysteme. Sie ermöglichen es, Produkte, Prozesse oder Anwendungen zunächst virtuell zu testen und anschließend zu optimieren, bevor sie in die Praxis umgesetzt werden. Dadurch werden Probleme frühzeitig erkannt und gelöst.
Der Beitrag beschreibt die verschiedenen Typen „Digitaler Zwillinge”, gibt einen Leitfaden zur Integration, nennt die beteiligten Rollen und gibt Lösungen für die wichtigsten Herausforderungen an die Hand. von: |
1 Eine Alltagsgeschichte
Ein neuer Weg zur Diabetesbehandlung
Die „MedizinMacher GmbH” (erfundener Name) ist ein renommiertes Medizintechnikunternehmen, das für seine wegweisenden Technologien bekannt ist. Das neueste Projekt des Unternehmens ist die Entwicklung eines hochpräzisen Systems zur Überwachung und Behandlung von Diabetes. Es soll das Leben von Millionen von Menschen nachhaltig verbessern.
Die „MedizinMacher GmbH” (erfundener Name) ist ein renommiertes Medizintechnikunternehmen, das für seine wegweisenden Technologien bekannt ist. Das neueste Projekt des Unternehmens ist die Entwicklung eines hochpräzisen Systems zur Überwachung und Behandlung von Diabetes. Es soll das Leben von Millionen von Menschen nachhaltig verbessern.
Herausforderungen im Entwicklungsprozess
Der Weg von der Idee bis zum marktreifen Produkt ist herausfordernd und umfasst mehrere Phasen (s. Abb. 1). Jede dieser Phasen bringt spezifische Anforderungen mit sich, die das Team vor komplexe Aufgaben stellt. Zu Beginn setzen die Entwickler auf bewährte, klassische Ansätze: Prototypen werden erstellt, zahlreiche klinische Tests durchgeführt und Feedback von Ärzten und Patienten eingeholt.
Der Weg von der Idee bis zum marktreifen Produkt ist herausfordernd und umfasst mehrere Phasen (s. Abb. 1). Jede dieser Phasen bringt spezifische Anforderungen mit sich, die das Team vor komplexe Aufgaben stellt. Zu Beginn setzen die Entwickler auf bewährte, klassische Ansätze: Prototypen werden erstellt, zahlreiche klinische Tests durchgeführt und Feedback von Ärzten und Patienten eingeholt.
Diese Methoden haben sich zwar bewährt, erweisen sich aber als zeitaufwendig und kostspielig. Trotz intensiver Bemühungen treten immer wieder Probleme auf. Jeder Fehler führt zu einer Überarbeitung des Designs oder des Prozesses und zu erneuten Tests, was zu Verzögerungen von Wochen oder sogar Monaten führt. Beispielsweise ist die Genauigkeit der Blutzuckermessung nicht durchgehend gewährleistet, oder die ersten Tests zeigen, dass die Benutzerfreundlichkeit nicht ausreicht, um eine nahtlose Integration in den Alltag der Patienten zu gewährleisten.
Abb. 1: Krisenarten
Unerwartete Hürden
Die zunehmende Nervosität des Managements, der Stakeholder und der Investoren erhöht den Druck auf das Entwicklungsteam. Es wird deutlich, dass der traditionelle Entwicklungsansatz nicht ausreicht, um die hohen Anforderungen an das neue Produkt zu erfüllen.
Die zunehmende Nervosität des Managements, der Stakeholder und der Investoren erhöht den Druck auf das Entwicklungsteam. Es wird deutlich, dass der traditionelle Entwicklungsansatz nicht ausreicht, um die hohen Anforderungen an das neue Produkt zu erfüllen.
Der Wendepunkt
Um sowohl die technische Genauigkeit zu steigern als auch das Nutzererlebnis zu verbessern, ist ein Paradigmenwechsel erforderlich. Es gilt, einen innovativen Lösungsweg zu definieren, der die Effizienz des Entwicklungsprozesses erhöht und gleichzeitig ein benutzerzentriertes Design sicherstellt → den „Digitalen Zwilling”.
Um sowohl die technische Genauigkeit zu steigern als auch das Nutzererlebnis zu verbessern, ist ein Paradigmenwechsel erforderlich. Es gilt, einen innovativen Lösungsweg zu definieren, der die Effizienz des Entwicklungsprozesses erhöht und gleichzeitig ein benutzerzentriertes Design sicherstellt → den „Digitalen Zwilling”.
Herausforderungen
Die erfundene Geschichte zeigt oft den Alltag vieler Hersteller. Die Entwicklung neuer Medizinprodukte stellt die Unternehmen vor komplexe Herausforderungen. Zahlreiche Faktoren und Anforderungen müssen berücksichtigt werden und erschweren es, ein marktreifes und erfolgreiches Produkt zu entwickeln. Nachfolgend einige Herausforderungen:
• | Forschung und Entwicklung: Ein sicheres, leistungsfähiges Medizinprodukt erfordert intensive Forschung und Tests. Dieser Prozess dauert oft mehrere Jahre und birgt Risiken wie Design- oder Prozessfehler, die zu Verzögerungen und Kostensteigerungen führen. Fehler in der Entwicklungsphase, insbesondere während der klinischen Studien, haben erhebliche Auswirkungen auf die Markteinführung und den Erfolg. |
• | Finanzierung: Die Zulassung eines neuen Medizinprodukts ist mit erheblichen finanziellen Belastungen verbunden. Hohe Kosten für Forschung, Entwicklung, klinische Studien und regulatorische Anforderungen müssen über einen langen Zeitraum gedeckt werden. Besonders für kleinere Unternehmen kann die Finanzierung eine große Hürde darstellen. Fehlende Mittel führen oft zu Verzögerungen oder sogar zum Scheitern des Projekts. |
• | Material, Prozess und Lieferkette: Eine ineffiziente, unzuverlässige Produktions- und Lieferkette hat schwerwiegende Folgen für die Einführung eines neuen Produkts. Mangelnde Sorgfalt bei der Auswahl von Materialien und Lieferanten, unzureichend optimierte Produktionsprozesse und fehlende flexible Logistiklösungen führen häufig zu Qualitätsschwankungen, Verzögerungen und unzufriedenen Kunden. Solche Schwächen behindern die Markteinführung erheblich und schädigen das Vertrauen in das Produkt und das Unternehmen. |
• | Qualitätsmanagementsystem (QMS): Bei Neuentwicklungen oder Änderungen an bestehenden Produkten oder Prozessen besteht immer ein Risiko, dass Fehler übersehen werden. Diese schleichen sich unbemerkt ein und beeinflussen später die Funktionalität, Sicherheit und Qualität des Produkts negativ. Die Folgen sind oft gravierend: ungeplante Nachbesserungen, erhöhte Kosten, Verzögerungen bei der Markteinführung, Rückruf von Medizinprodukten sowie Vertrauensverlust bei Kunden und Behörden. Sind keine systematischen Prüfmechanismen oder systematischen Tests installiert, steigt die Gefahr, dass diese Fehler erst spät entdeckt werden – oft zu einem Zeitpunkt, an dem Korrekturen mit hohen Kosten oder erheblichen Verzögerungen verbunden sind. Ohne frühzeitige Qualitätssicherung und umfassende Tests kann dies die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens erheblich beeinträchtigen. |
• | Klinische Studien: Ohne sorgfältige Planung einer klinischen Studie besteht ein erhebliches Risiko, dass die Sicherheit und Wirksamkeit eines Medizinprodukts nicht nachgewiesen werden kann. Unzureichende Vorbereitung, fehlende Patientenpopulationen oder schlechte Organisation verfälschen die Ergebnisse und verzögern den Zulassungsprozess. |
• | Regulatorische Zulassung: Die Zulassung neuer Medizinprodukte ist ein komplexer und langwieriger Prozess. Strenge regulatorische Anforderungen, insbesondere nach DIN EN ISO 13485, erfordern eine umfangreiche technische Dokumentation zu Design, Funktion und Sicherheitsprüfungen. Zeit- und kostenintensive Tests sind nötig, um Sicherheit und Wirksamkeit nachzuweisen. Zudem müssen nationale und internationale Vorgaben wie die MDR (EU) und FDA-Regularien (USA) berücksichtigt werden. Fehler oder unvollständige Dokumentationen führen zu Verzögerungen, Ablehnungen oder Rückrufen mit finanziellen und rufschädigenden Folgen. Da Vorschriften regelmäßig aktualisiert werden, ist zudem eine kontinuierliche Compliance-Überprüfung unerlässlich. |
Frühzeitige Fehlererkennung
Diese und weitere Anforderungen bergen ein hohes Risiko. Werden Fehler im Produkt oder in den Prozessen zu spät erkannt, gefährden diese nicht nur den geplanten Termin für die Produktfreigabe, sondern das gesamte Unternehmen. Daher ist eine sorgfältige Planung und frühzeitige Fehlererkennung in jeder Phase des Entwicklungsprozesses unerlässlich.
Diese und weitere Anforderungen bergen ein hohes Risiko. Werden Fehler im Produkt oder in den Prozessen zu spät erkannt, gefährden diese nicht nur den geplanten Termin für die Produktfreigabe, sondern das gesamte Unternehmen. Daher ist eine sorgfältige Planung und frühzeitige Fehlererkennung in jeder Phase des Entwicklungsprozesses unerlässlich.
Faktor-10-Regel
Erfahrungen aus dem Qualitäts- wie auch dem Projektmanagement zeigen, dass ohne rechtzeitige Gegenmaßnahmen die Kosten für Fehlervermeidung und -behebung in jeder Entwicklungsphase um den Faktor 10 steigen. Dies verdeutlicht die Bedeutung der frühzeitigen Identifikation und Behebung von Problemen (s. Abb. 2).
Erfahrungen aus dem Qualitäts- wie auch dem Projektmanagement zeigen, dass ohne rechtzeitige Gegenmaßnahmen die Kosten für Fehlervermeidung und -behebung in jeder Entwicklungsphase um den Faktor 10 steigen. Dies verdeutlicht die Bedeutung der frühzeitigen Identifikation und Behebung von Problemen (s. Abb. 2).
Innovation in der Entwicklung
Um die Herausforderungen bei der Entwicklung von Medizinprodukten erfolgreich zu bewältigen, sind innovative methodische Ansätze und der Einsatz modernster Technologien unerlässlich. Eine zukunftsweisende Methode ist die Integration von „Digitalen Zwillingen”. Mit fortschrittlichen Hard- und Softwarelösungen ermöglichen sie nicht nur die Simulation und frühzeitige Identifikation von Fehlern, sondern steigern auch die Effizienz erheblich. Gleichzeitig eröffnen sie neue Möglichkeiten für innovative und optimierte Produktentwicklungen, die die Marktreife beschleunigen und die Qualität nachhaltig verbessern.
Abb. 2: 10er-Regel
Um die Herausforderungen bei der Entwicklung von Medizinprodukten erfolgreich zu bewältigen, sind innovative methodische Ansätze und der Einsatz modernster Technologien unerlässlich. Eine zukunftsweisende Methode ist die Integration von „Digitalen Zwillingen”. Mit fortschrittlichen Hard- und Softwarelösungen ermöglichen sie nicht nur die Simulation und frühzeitige Identifikation von Fehlern, sondern steigern auch die Effizienz erheblich. Gleichzeitig eröffnen sie neue Möglichkeiten für innovative und optimierte Produktentwicklungen, die die Marktreife beschleunigen und die Qualität nachhaltig verbessern.
2 Der „Digitale Zwilling”
Ein „Digitaler Zwilling” ist ein virtuelles Modell oder Abbild eines physischen
• | Produkts, |
• | Prozesses oder einer |
• | Produktanwendung. |
Er enthält alle relevanten Informationen und Eigenschaften und begleitet den gesamten Lebenszyklus – von der Planung und Entwicklung bis hin zur Nutzung und Optimierung. Durch die präzise Integration von Echtzeitdaten, Simulationen und Analysen verbindet der „Digitale Zwilling” die physische mit der digitalen Welt. Der Begriff stammt aus der Industrie 4.0 sowie dem Internet der Dinge (IoT) und bezeichnet die digitale Repräsentation physischer Assets. Der „Digitale Zwilling” wird kontinuierlich mit Daten aus der realen Anwendung oder dem Entwicklungsprozess aktualisiert. So können potenzielle Fehler frühzeitig erkannt, Abläufe optimiert und Entscheidungsprozesse verbessert werden. Insbesondere in der Medizintechnik ermöglicht diese Technologie genauere Simulationen, eine höhere Prozesssicherheit und eine signifikante Einsparung von Zeit, Kosten und Ressourcen (s. Abb. 3).
Asset
Ein Asset bezeichnet jegliche Art von Anlagen, Vermögenswerten oder Wirtschaftsgütern, die potenziell einen finanziellen Nutzen für das Unternehmen erbringen können. Dazu gehören physische Gegenstände wie Maschinen, Gebäude oder Ausstattungen sowie auch immaterielle Vermögenswerte wie Patente, Marken oder digitale Modelle.
Datenquellen
Ein „Digitaler Zwilling” basiert auf einer Vielzahl von Daten, die aus unterschiedlichen Quellen stammen und die reale Welt möglichst genau abbilden. Folgende Datenquellen (s. Abb. 4) werden verwendet:
Ein „Digitaler Zwilling” basiert auf einer Vielzahl von Daten, die aus unterschiedlichen Quellen stammen und die reale Welt möglichst genau abbilden. Folgende Datenquellen (s. Abb. 4) werden verwendet: