10322 Die klinische Bewertung als Teil des Qualitätsmanagements
In diesem Beitrag werden der Lebenszyklus, der Entwicklungszyklus, die Phasen der klinischen Bewertung, der klinische Entwicklungsplan, der Plan zur klinischen Bewertung und die Stakeholder besprochen. Weiter geht es um den Prozessablauf, die Interaktion mit dem Risikomanagement, die Interaktion mit der klinischen Prüfung sowie praktische Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Benannten Stellen und die Erkenntnisse aus den veröffentlichten Scrutiny-Verfahren.
Dieser Beitrag ist der zweite Teil von dreien, in denen ein Weg aufgezeigt wird, die klinische Bewertung von der Produktidee beginnend vorzubereiten und in den Entwicklungsprozess einzubinden. Damit können Sie
– sich Doppelarbeit ersparen
– Lücken und Inkonsistenzen zwischen den Ergebnissen von Risikomanagement und klinischer Bewertung vermeiden
– Projektrisiken durch fehlende klinische Daten vermeiden
– ungeplante klinische Prüfungen vermeiden
– den Stand der Technik und die nicht-klinische Verifikation nutzen.
Teil 2 behandelt die Einbettung der klinischen Bewertung in das Qualitätsmanagementsystem des Herstellers und den Entwicklungszyklus eines Medizinprodukts. Arbeitshilfen: von: |
1 Lebensdauer des Produkts
Der Begriff der Lebensdauer wurde bereits in Kapitel 10321, Abschn. 6 eingeführt. Der Hersteller sollte für seine Produkte die jeweilige Lebensdauer festlegen, für Implantate muss er dies, da er diese im Implantatausweis (Art. 18.1.c) MDR) mitteilen muss. Er sollte es auch in allen anderen Fällen tun, da diese für eine Reihe von Prozessen festlegt, wie lange der Hersteller sie durchführen muss, bzw. wie Anforderungen an das Produkt zu formulieren sind oder wie lange Dokumente aufbewahrt werden müssen.
Pflichten über die gesamte Lebensdauer
In der Regel erstreckt sich, wie oben erwähnt, die Lebensdauer von der erstmaligen Inbetriebnahme bis zur endgültigen Außerbetriebnahme, so auch ein Beitrag des VDE und des Johner-Instituts. Eine allgemeingültige Festlegung lässt sich jedoch aus diesen beiden Beiträgen auch nicht entnehmen.
In der Regel erstreckt sich, wie oben erwähnt, die Lebensdauer von der erstmaligen Inbetriebnahme bis zur endgültigen Außerbetriebnahme, so auch ein Beitrag des VDE und des Johner-Instituts. Eine allgemeingültige Festlegung lässt sich jedoch aus diesen beiden Beiträgen auch nicht entnehmen.
Leistung und Sicherheit des Produkts muss für die gesamte Lebensdauer sichergestellt sein (Anhang I.6. MDR).
Während der gesamten Lebensdauer muss der Hersteller ein System zur Überwachung nach dem Inverkehrbringen (Post-Market Surveillance – PMS) einrichten und unterhalten. Dies gilt auch für die Aktualisierungen des zugehörigen Berichts, der mit den Aktualisierungen des Berichts über die klinische Bewertung synchronisiert sein sollte.
Während der gesamten Lebensdauer muss der Hersteller einen den Kurzbericht über Sicherheit und klinische Leistung (Summary of Safety and Clinical Performance – SSCP) (MDR Art. 86) und einen regelmäßig aktualisierten Bericht über die Sicherheit (Periodic Safety Update Report – PSUR; Art. 32 MDR) erstellen und aktualisieren. Auch hier ist die Synchronisation mit dem aktualisierten Bericht über die klinische Bewertung sicherzustellen.
Das PMCF (Post-Market Clinical Follow-up) ist ebenfalls während der zu erwartenden Lebensdauer (Anhang XIV.5. und 6.a) MDR) durchzuführen und der zugehörige Bericht zu aktualisieren. Auch hier ist die Synchronisation sowie die inhaltliche Verknüpfung mit dem aktualisierten Bericht über die klinische Bewertung sicherzustellen.
Die technische Dokumentation muss zehn Jahre (15 Jahre für Implantate) zur Verfügung gehalten werden, nachdem das letzte Produkt in den Markt gebracht wurde (Art. 10.8 MDR). Das kann ein Hinweis auf die maximal anzunehmende Lebensdauer sein.
2 Entwicklung, Vermarktung und Lebensende
Der Hersteller muss für seine Prozesse des Qualitätsmanagementsystems festlegen, wo in der Entwicklung ein Lebenszyklus (s. Abschn. 5) beginnt und endet, damit alle Beteiligten wissen, ab wann und bis wann die zugehörigen Prozesse und Prozessschritte angewendet werden. Außerdem ist so festgelegt, wann Dokumente erstellt, gepflegt, archiviert und gelöscht werden. Für Produkte, die einer Wartung unterliegen oder Verbrauchsmaterialien benötigen kann der Hersteller das Lebensende des Produkts ebenso wie über die Ersatzteilversorgung steuern.
Für die Aktualisierung der klinischen Bewertung, des Risikomanagements und der Überwachung nach dem Inverkehrbringen (PMS) während des Lebenszyklus gilt, dass der Hersteller es nach Abwägung der Anforderungen der Anwender und seinen eigenen Anforderungen begründet festlegen kann und dies auch tun muss.
3 Entwicklungszyklus: Produktidee, Spezifikation, Realisierung, Testung, Konformitätsbewertung, Markteinführung
Die Abbildung 1 zeigt die Phasen und Meilensteine des Lebenszyklus mit den
• | Phasen der Entwicklung (1–4) |
• | Phasen nach dem Inverkehrbringen (5–7) |
• | Lebensende (8) |
Ein erster Entwurf einer klinischen Bewertung kann mit Abschluss des Meilensteins 2 erfolgen, so, wie das auch für das Risikomanagement gilt. Die beiden Dokumente erreichen zur Konformitätsbewertung (4) eine erste erstmalige Freigabe, da es sich um gelenkte Dokumente handelt und sie Teil der technischen Dokumentation sind.
Abb. 1: Phasen und Meilensteine des Lebenszyklus, schematische Darstellung
4 Stage-Gate-(Lane)-Modell
Aus dem Modell des Lebenszyklus in Abbildung 1 kann auf die Entwicklungsphase fokussiert werden und dann um den Blick auf mehrere Akteure erweitert werden. Ein solches Modell haben Pietzsch et al. beschrieben. Abbildung 2 zeigt ein vereinfachtes Model nach ihrem Artikel.