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10121 Supply Chain Management in der Medizintechnik

Eine effiziente Lieferkette ist nicht nur entscheidend für die termingerechte Lieferung von Rohstoffen und Komponenten an den Hersteller, sondern auch für die pünktliche Auslieferung der Medizinprodukte an den Arzt oder Patienten, an die Apotheke oder an das Krankenhaus.
Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Aspekte von Supply Chain Management (SCM) in der Medizintechnik:
• Zusammenhang Logistik und SCM• Komplexität und Störgrößen• Anforderungen sowie komplexe Lieferketten• Drei Phasen des SCM• Resilienz der Lieferkette• Lieferantenfragenkatalog und Notfallplan• Integration von SCM im Unternehmen• Einsatz von Blockchain und KI für Effizienz und Transparenz in der Lieferkette• Tipps für eine widerstandsfähige Lieferkette
von:

1 Einleitung

Die Medizintechnikbranche befindet sich in einem stetigen Wandel, angetrieben durch innovative Technologien, steigende regulatorische Anforderungen und den wachsenden globalen Bedarf an qualitativ hochwertigen Gesundheitslösungen. In diesem dynamischen Umfeld gewinnt das Supply Chain Management (SCM) zunehmend an Bedeutung, um eine reibungslose Versorgung mit medizinischen Geräten, Instrumenten und Verbrauchsmaterialien sicherzustellen.
SCM umfasst komplexe Prozesse von der Rohstoffbeschaffung über die Produktion bis hin zur Distribution und Produktverfolgung, die eine präzise Koordination erfordern. Die Herausforderungen in der Medizintechnik sind vielfältig und reichen von globalen Lieferketten über strenge Qualitätsstandards zur Einhaltung der Patientensicherheit bis hin zu Compliance-Anforderungen der verschiedenen Zulassungsbehörden.
Cheops-Pyramide ca. 2560 v. Chr.
Trotz der zahlreichen Veränderungen und Fortschritte im Lieferkettenmanagement gibt es auch einige Aspekte, die sich im Laufe von Jahrtausenden nicht wesentlich verändert haben. Der Beginn der Logistik kann mit dem Bau der Cheops-Pyramide in Gizeh angenommen werden. Mit einer ursprünglichen Seitenlänge von ca. 230 m, einer Höhe von ca. 146,6 m und rund 2,5 Mio. m3 Kalkstein war der Bau ohne den Einsatz moderner Hilfsmittel in circa 20 Jahren eine logistische Meisterleistung und steht für die Planung und Organisation in der Antike. Folgende Aspekte waren unter anderem für den Erfolg ausschlaggebend:
a)
Arbeitskräfte: Um die massive Pyramide zu errichten, waren Tausende von Arbeitskräften erforderlich. Diese wurden wahrscheinlich aus der umliegenden Bevölkerung rekrutiert und in organisierten Arbeitsgruppen mit spezifischen Aufgaben eingeteilt.
b)
Versorgung: Die Versorgung der Arbeiter mit Lebensmitteln und Wasser war entscheidend, insbesondere in einer Wüstenumgebung. Dafür musste eine effiziente Logistik eingesetzt werden, um zur richtigen Zeit ausreichend Nahrung in guter Qualität bereitzustellen.
c)
Transport: Um die schweren Steine zu bewegen, wurden wahrscheinlich speziell dafür entwickelte Holzschlitten, Rollen und eventuell Wasserwege genutzt. Auch Ochsen und Menschen könnten für den Transport eingesetzt worden sein.
d)
Materialbeschaffung: Die Steine für den Pyramidenbau wurden aus Steinbrüchen in der Nähe von Gizeh gewonnen. Die Transportwege waren sorgfältig geplant, um die Steine auf dem schnellsten Weg zur Baustelle zu bringen.
e)
Lagerung: Es gab Lagerplätze in der Nähe der Baustelle, um die ständige Versorgung mit Steinen und Baustellenmaterialien sicherzustellen.
Die genauen Einzelheiten der Logistik, die bei der Errichtung der Cheops-Pyramide verwendet wurden, sind noch heute Gegenstand von Spekulationen und Forschungen. Es existierten nur begrenzte schriftliche Aufzeichnungen aus dieser Zeit. Trotzdem demonstriert der Bau dieser monumentalen Struktur, dass antike Zivilisationen in der Lage waren, komplexe logistische Herausforderungen erfolgreich umzusetzen (s. Abb. 1).
Abb. 1: Pyramide

2 Zusammenhang Logistik und SCM

Weiterentwicklung der Logistik
Seit dem Bau der Pyramide hat sich die Logistik in vielerlei Hinsicht weiterentwickelt und spielt eine entscheidende Rolle in Unternehmen. Sie gewährleistet, dass Rohmaterialien, Komponenten und medizintechnische Produkte just in time geliefert werden. Eine gut funktionierende Logistik allein genügt jedoch heute nicht mehr. Um eine effektive und effiziente Lieferkette sicherzustellen, ist es notwendig, ein umfassendes Supply Chain Management (im weiteren Verlauf des Artikels „SCM” genannt) zu implementieren.
Begriffsdefinition Just In Time
„Punktgenau” oder Just In Time (JIT) genannt ist ein Logistikkonzept zur bedarfssynchronen Produktion. Dabei werden Materialien, Komponenten oder Produkte
in der richtigen Qualität,
in der richtigen Menge und
genau zum richtigen Zeitpunkt
in die Produktion bzw. zum Kunden angeliefert. Dies reduziert Lagerkosten und verbessert die Effizienz.
Logistik und SCM stehen in enger Verbindung, haben jedoch unterschiedliche Aufgaben im Bereich der Lieferkettenverwaltung. Diese lassen sich wie folgt darstellen (s. Abb. 2):
Abb. 2: Logistik/SCM
Logistik
Die Logistik befasst sich mit den betrieblichen Abläufen der internen Lieferkette. Sie befasst sich mit der Planung, Umsetzung und Überwachung der Güter-, Dienstleistung- und Informationsflüsse innerhalb der unmittelbaren vor- und nachgelagerten Prozesse des Unternehmens sowie mit den nächstgelegenen Geschäftspartnern. Dabei stehen die operativen internen Vorgänge im Mittelpunkt wie:
Lagerhaltung,
Transport,
Materialfluss,
Verpackung.
Zudem optimiert die Logistik die Prozessabläufe, um die Lieferkette effizienter zu gestalten und Kosten zu senken.
Supply Chain Management
Im Gegensatz dazu ist das SCM ein umfassenderes und strategischeres Konzept. Es beinhaltet sämtliche Aktivitäten und Maßnahmen innerhalb des Unternehmens. Das Ziel ist es, die Zusammenarbeit mit Lieferanten und Kunden zu optimieren. Während logistische Prozesse mit einbezogen werden, erstreckt sich der Aufgabenbereich des SCM über die Unternehmensgrenzen hinaus. Dabei werden alle Geschäftsprozesse entlang der Wertschöpfungskette – beginnend bei der Produktentwicklung und endend bei der Produktentsorgung – berücksichtigt. Drei Bereiche stehen dabei im Mittelpunkt:
1.
Informationsfluss: Dieser umfasst alle relevanten Informationen über den Auftrags- oder Lieferstatus im Unternehmen. Dadurch können Störungen, Verzögerungen oder Fehlentscheidungen vermieden werden.
2.
Finanzfluss: Hier stehen Zahlungspläne, Kreditkonditionen, Kostenoptimierung oder Eigentumsverhältnisse im Fokus.
3.
Materialfluss: Dieser umfasst den Transport von Gütern oder Dienstleistungen vom Rohstofflieferanten zum Endkunden sowie deren Entsorgung oder Rücknahme.
SCM hat das Ziel, Lieferketten und Materialflüsse zu optimieren, den Informationsaustausch zu intensivieren und unternehmensübergreifende Prozesse zu straffen sowie zu beschleunigen. Es optimiert die gesamte Lieferkette (intern und extern) und nicht nur einzelne logistische Prozesse (s. Abb. 3). SCM ist ein wesentlicher Bestandteil der Geschäftsstrategie und hilft dem Unternehmen, ihre Lieferketten zu optimieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
Abb. 3: Zusammenhang Logistik und SCM

3 Komplexität und Störgrößen

3.1 Anforderungen sowie komplexe Lieferketten

Schlüsselfaktoren und Managementstrategien
Je nach Art des Medizinprodukts kann SCM sehr komplex sein. Es umfasst eine Vielzahl von Aktivitäten, die das Ziel haben, Produkte oder Dienstleistungen effizient von der Rohstoffbeschaffung über die Produktion bis hin zur Auslieferung an den Endkunden zu planen, zu steuern und zu überwachen. Medizintechnikunternehmen müssen dafür erhebliche Anstrengungen unternehmen, um diese Komplexität effektiv zu managen. Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab wie z. B. der Unternehmensstruktur, der Branche, dem Geschäftsmodell und den weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

3.1.1 Acht Faktoren SCM

Die acht wichtigsten Faktoren (s. Abb. 4) verdeutlichen die anspruchsvolle und hochkomplexe Lieferkette in der Medizintechnik. Eine sorgfältige Planung, fortlaufende Überwachung und effektive Zusammenarbeit zwischen Herstellern, Zulieferern, Regulierungsbehörden und Gesundheitseinrichtungen sind unerlässlich, um sicherzustellen, dass qualitativ hochwertige und sichere Produkte stets rechtzeitig verfügbar sind.

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